Wollen Sie sicher greifen? – diese drei wichtigsten Basics sollten Sie kennen!

Wenn man im Anfangsstadium des Instrumentalspiels ist, hat man eine Menge grundlegende Dinge zu lernen. Und es ist oft auch leicht verwirrend, da man doch gleich am Anfang möglichst „alles richtig“ machen will. Kennen Sie das?

Wäre es da nicht von Vorteil, sich zunächst auf das zu konzentrieren, was absolut grundlegend wichtig ist?

Stellen Sie sich vor, Sie haben zum ersten Mal in Ihrem Leben dieses Instrument in den Händen, und noch keinerlei Ahnung, wie (und vor allem wo) man dort verschiedene Töne greift. Sie haben zunächst keinerlei Anhaltspunkt, darüber, wie die Hand am Hals des Instrumentes aufzustellen ist.

Oder der andere Fall: Sie mühen sich seit Längerem mit der Intonation ab, und wundern sich, warum Ihr Spiel nie so richtig sauber werden will. Sie wissen gar nicht mehr, woran es denn liegen könnte. So vieles ist zu beachten.

Ist es da nicht zweckmäßig, noch einmal so anzufangen, dass Sie Ihrer Hand zunächst eine ganz bestimmte Stellung angewöhnen, die Sie und Ihr Körpergefühl sozusagen als Basis für Weiteres benutzen?

Gerade sitz ich an meinem Computer und schreibe. Da fällt mir ein, dass ich das auch hier einmal in ähnlicher Weise gelernt habe. Die erste Fingerstellung auf einer Schreibmaschinentastatur war die A,S,D,F – J,K,L,Ö – Stellung der Finger. Kennen Sie die?

Die Finger stehen zunächst auf der mittleren Buchstabenreihe. Der kleine Finger der linken Hand steht auf dem A, der Ringfinger auf dem S und so weiter. Die meisten Tastaturen haben sogar auf den Tasten der Buchstaben F und J (die Grundstellungen der beiden Zeigefinger) eine kleine spürbare Erhebung, sodass man mit dem Tastsinn der Finger sofort merkt, dass die Finger in ihrer Grundposition angekommen sind.

Jetzt beschränken sich die ersten Schreibübungen zunächst auf diese 8 Buchstaben. Hat man darin erst einmal eine gewisse Sicherheit erreicht, geht es weiter und die Finger können sich durch Strecken, Beugen oder seitliche Bewegung auf andere Buchstaben wagen.

So ähnlich können Sie sich das auf dem Streichinstrument vorstellen. Sie geben den Fingern eine ganz bestimmte Stellung zueinander und in dieser Stellung ist es glücklicherweise möglich, Stücke in einer ganz bestimmten Tonart zu spielen.

Aber zurück zu den Grundübungen.

Zunächst sollte Ihre Hand es lernen, die Finger in einer ganz ganz bestimmten Form zu halten. Diese Form ist die, die der Anatomie der Hand zunächst am meisten entgegen kommt. In Violin- oder Bratschenschulen haben Sie sie bestimmt schon als die „erste Griffart“ kennen gelernt.

Der Finger stehen so auf dem Griffbrett, dass der 1. Finger (Zeigefinger) einen Ganzton über der leeren Saite steht und der 2. Finger ebenfalls einen Ganzton zum 1. entfernt. Der 3. Finger nun stellt sich einen Halbton über den 2. Finger und steht damit in der Oktave zur tieferen Nachbarsaite. Und am Ende stellt sich der 4. Finger wieder einen Ganzton über den 3. und greift damit den gleichen Ton ab, den Sie auch mit der nächsthöheren leeren Saite spielen können.

Schwierig? Sehen Sie sich doch am besten einmal das Video an.

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Die erste Übung wird es nun sein, diese Töne zu greifen und ihren Klang wirklich genau kennen zu lernen. Dazu dienen Übungen, die einer Tonleiter ähnlich sind und die Finger der Reihe nach bringen. Am besten fängt man diese Übungen mit dem 3. Finger an damit sich zunächst die ganze Hand in ihrer Form auf das Griffbrett stellt und man den 3. Finger mit der leeren Nachbarsaite vergleichen kann.

Hat man so die Finger in ihrer Stellung erfahren, geht es darum die Finger abwechselnd mit der leeren Saite zu spielen, wobei sich immer alle Finger unterhalb des Spielfingers mit auf die Saite setzen. Sie kennen das Prinzip, dass immer mehrere Finger sich gegenseitig beim Niederhalten der Saite unterstützen? Sie haben es bestimmt im video gesehen.

Die zweite Übung zielt darauf ab, dass Ihre Finger es lernen, sich so genau auf die Saite zu setzen, dass die nächsthöhere leere Saite (die hinter der Fingerkuppe liegt) zum Klingen gebracht werden kann, obwohl der Finger seinen Ton auf seiner Saite noch weiterhin greift. Diese Übung schult das präzise Aufsetzen des Fingers mit der Fingerkuppe und beweglich gehaltenen gekrümmten Gelenken. Ohne diese Stellung des Fingers ist Schnelligkeit im Spiel überhaupt nicht möglich. Üben Sie diese Fertigkeit, indem Sie gegriffene Töne mit der leeren nächsthöheren Saite abwechseln. Im Unterricht mit Kindern nennen wir diese Übung übrigens den „Tunnelgriff“.

Bei der dritten und letzten Übung geht es darum, ein klares Gefühl dafür zu bekommen, wie Sie diesen, auf einer Saite erlernten Griff, so auf eine andere Saite setzen, dass Sie dabei auch dort die Töne wirklich treffen. Üben Sie für diesen Zweck das direkte Umsetzen der jeweiligen Finger und behalten Sie Ihre Hand dadurch in ihrer Form, dass Sie den Saitenübergang nur mit Hilfe des Ellbogens machen, der unter dem Hals des Instrumentes schaukelt und so die Finger über die Nachbarsaite bringt. Die Schaukelbewegung des Ellbogens ist die Bewegung, mit der sich die Hand automatisch in der korrekten Stellung über die Saiten bewegt, das können Sie im Video sehr genau sehen, und das wird sich auch auf Ihre Treffsicherheit enorm auswirken.

Letztlich führt die ganze Sache dazu, dass Sie eine ganz bestimmte Tonart spielen können. Diese Tonart ist nur mit diesem einzigen beschriebenen Griff möglich, und zwar kann man damit genau eine Oktave einer Tonleiter abdecken.

Finden Sie diese Tonart heraus?

Das wird übrigens das Thema des nächsten Beitrags sein: Die erste wirklich wichtige Tonart, die man auf Geige und Bratsche spielen kann, und was man damit dann alles anfangen kann.

Aber einstweilen alles Gute und viel Erfolg bei Ihren Übungen und Experimenten an Ihrem Streichinstrument.

Felix Seiffert

12 Kommentare

  1. Hallo Felix,
    Ich arbeite aktuell an der Stabilität meiner Hand beim Greifen verschiedener Töne. Ich will sie stabil halten, damit ich sicherer die Töne exakt treffe.
    Was wirklich nicht klappt, ist den jeweils ersten Ton auf jeder Saite zu greifen, ohne die Hand anders zu platzieren. Entweder muss ich Richtung Schnecke rutschen oder bei der E-Saite für das f die Hand am Zeigefinger von der Geige lösen. Das reduziert aber die Stabilität der Geigenhaltung.

    Wie kann ich das denn lösen?

    Viele Grüße,
    Dagmar

    • Felix Seiffert

      Hallo Dagmar.

      Versuche doch einmal den Daumen als Drehpunkt zu nutzen.

      Was ich damit meine: Wenn Du beispielsweise auf der A-Saite sicher greifst, hat ja Deine Hand eine gewisse Form und die Finger bestimmte Abstände, die sie auch spüren. Wenn Du jetzt auf die D-Saite wechselst, bewegst Du Deinen Ellbogen weiter unter die Geige, die auf dem Daumen aufgestützt ist. Auf diese Weise bewegen sich Deine Finger (ohne dass Du sie bewegen musst) automatisch über die D-Saite. Du hast damit die ganze Hand in die neue Position gebracht und Deine Finger verlieren die Zuordnung zueinander nicht. Jetzt probiere es einmal aus, wie es auf der D-Saite klingt. Es solle jetzt viel sauberer sein.

      herzlichen Gruß

      Felix Seiffert

      • Hallo Felix, das ist mir klar und das übe ich auch. Dennoch, vor allem beim f auf der e- Saite ist meine Hand wirklich kaum in der Lage zu greifen. So sehr kann ich meinen Finger nicht Winkeln.
        Daher die Frage: muss die Geige immer auf dem Zeigefinger aufliegen oder reicht es, wenn sie nur auf dem Daumen aufliegt. Dann kann ich nämlich ohne Probleme da f greifen.

        Danke für Deine Rückmeldung!

        Dagmar

      • Hallo Felix, gestern habe ich durch Zufall herausgefunden, was Teil des Problems ist. Es ist tatsächlich ein anatomisches. Ich bin 55 Jahre alt und offensichtlich kann ich meine Finger nicht mehr so tief knicken, wie nötig. Ich hatte das mit meinem Mann verglichen und einen deutlichen Unterschied gesehen. Nun spiele ich erst seit einem halben Jahr Geige, und was Hoffnung macht: meine linke Hand (Finger] ist dadurch sichtbar beweglicher als die rechte geworden. Einfach weil sie beim Geigespielen so gefordert wird. Nur beim ersten Ton auf der Saite reicht es halt noch nicht. Also mache ich jetzt noch „Fingergymnastik“, dann werde ich sicherlich zum Ziel kommen.
        Viele Grüße, Dagmar

  2. Hallo Felix,
    ich war mit meiner alten gebraucht gekauften Geige im Urlaub bei einem Geigenbauer. Er hat festgestellt, dass der Saitenabstand zu eng war und hat mit einem neuen Sattel den Fehler behoben. Den Steg hat er auch verändert, um die Spielbarkeit zu verbessern. Er hat auch was am Klang und an der Optik verbessert.
    Heute hab ich die Geige abgeholt und bin begeistert. Es klappt VIEL besser und das Üben macht jetzt VIEL mehr Freude!
    Wenn es nicht so gut klappt, kann es auch am Instrument liegen
    Liebe Grüße, Erika

    • Felix Seiffert

      Hallo Erika,

      ja, das ist Gold wert, wenn das Instrument von einem Geigenbauer überprüft und spielbar gemacht wird.

      Viel Freude mit der Geige

      Felix Seiffert

  3. Ich habe zuerst gedacht, dass ich es nie hinbekomme, die Finger auf der D-Saite liegen zu lassen und die A-Saite frei zu spielen. Dann habe ich es erstmal mit zupfen versucht und auch zuerst die G-Saite mit berührt. Und jetzt merke ich wie das Greifen durch diese Übung insgesamt flüssiger und treffsicherer wird.

    Herzliche Grüße, Erika

    • Felix Seiffert

      Hallo Erika,

      und damit hast Du den Grundstein für wirklich gutes Greifen gelegt. Ich möchte das nur betonen, weil es zum Einen Überwindung kostet und dir zum anderen viele Situationen erspart, in denen Du merken würdest, dass es so einfach nicht weiter geht mit dem Greifen.

      ganz herzliche Grüße

      Felix Seiffert

  4. Servus Felix,

    ich glaube, ich scheitere an dem Tunnelgriff. Meine Wurstelfinger schaffen es nicht, die nächsthöhere Saite nicht zu berühren …

    Viele Grüße,
    Wolfgang

    • Felix Seiffert

      Hallo Wolfgang,

      Ja, tatsächlich, manchmal gibt es das. Da liegen dann die Saiten für Deine breiten Finger zu eng beieinander. Bitte lass Dich davon nicht zu viel belasten. Breite Finger haben an anderer Stelle gewaltige Vorteile (zum Beispiel beim Vibrato). Wenn Du die A-Saite frei bekommen willst, stellst Du den Finger einfach so, dass er halt etwas die G-Saite mit berührt. Das macht gar nichts und Du hast die A-Saite frei, wenn dies nötig ist. Das Wichtigste bei der ganzen Sache ist das Aufstellen der Finger, die dann in den vordersten Gelenken rund sind.

  5. Lieber Felix,

    Der „Tunnelgriff“ ist mir ein ganz neuer aber sehr guter Griff.
    Das wird eine Weile dauern bis ich all meine „undurchsichtigen“ Griffe in den „Tunnelgriff“ bekomme habe. Aber es lohnt sich die Muehe!

    Vielen Dank fuer die guten Ratschlaege.

    Gruss von Cornelia

    • Hallo Cornelia,

      dieser Begriff stammt übrigens nicht von mir. Der ist in Schulen für Kinder ein geläufiger Begriff, der bildhaft ausdrückt, um was es geht.
      (nämlich um das gute Aufstellen der Finger)

      herzliche Grüße

      Felix

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