Selbst Musik machen?

Haben Sie sich auch schon einmal gefragt, was das Ganze soll? Warum soll man denn selbst Musik machen, wenn es doch ein Überangebot an Musik aus allen möglichen Quellen gibt?

Warum gibt es jede Menge Menschen, die Gefallen daran finden, selbst Musik zu machen?

Warum dieses Interesse?

Und warum sind Sie auf diesen Blog gestoßen und interessieren sich für dieses Thema?

Teilnehmer bei einem Workshop für Streicher

Nun, diese Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten wie es zunächst scheint. Als Musiker, der dies seit dem Kindesalter betreibt, kann ich Ihnen aber eines sagen:

Wenn man jung ist, hat man ein paar Gründe dies zu tun, die sich eventuell später wieder verflüchtigen. Ich würde sogar sagen, dass sie sich zum Glück verflüchtigen, da es nur scheinbare Motivationen zum Musizieren sind.

Da wäre zum Einen der Drang nach Anerkennung: Gibt es etwas Schöneres, als den Applaus nach einem gelungenen Konzert? Ist man nicht ein gemachter Mann, wenn man von so vielen anderen Menschen bewundert wird? …..

Zum Anderen fällt mir die Konzertgage ein. Ist es nicht erhebend, wenn man sein Geld durch müheloses Musizieren einstreicht? ….

Ist es der sportliche Aspekt, der Aspekt des Wettkampfes? Ist das die Motivation, dass ich mir immer wieder beweise, wie gut ich es kann, wenn ich mich mit anderen Musikern vergleiche? ….

Nein, wenn ich genauer darüber nachdenke, ist keiner dieser Punkte stark genug, mich wirklich dauerhaft am Musizieren zu halten. Der wahre Grund, der mich ständig zum Instrument greifen lässt, fehlt noch.

Aber was ist es dann?

Warum erlebt man es immer wieder, dass Menschen, die musizieren, sei es auf der Bühne oder einfach im Freundeskreis, so glücklich dabei sind?

Lassen Sie mich hier einmal den Versuch einer Erklärung unternehmen.

Zum Einen ist es die Herausforderung: In vielerlei Hinsicht fordern Sie sich selbst. Wir kommen noch in einem weiteren Artikel ausführlich zu diesem Thema. Alle diese unten stehenden Punkte bringen Sie beim Musizieren zusammen. Sie gehen gleichzeitig mit ihnen um und begeben sich aktiv in das kreative Geschehen.

  • Sie bemühen Ihren Intellekt (Noten lesen und verstehen)
  • Ihr Körperbewusstsein (Sie bringen Ihre Feinmotorik in Schwung und bleiben dabei in innerer Balance)
  • Sie fordern Ihr Gehör (sowohl Ihr inneres, als auch Ihr äußeres Gehör).
  • Sie begeben sich in das Gefüge von Rhythmus und Takt.
  • Sie werden aufmerksam darin, mitzubekommen, was um Sie herum geschieht, gehen beweglich darauf ein und tragen so zum Gelingen der Musik bei.

Als weiteren Punkt würde ich das Erlebnis des wirklichen Zusammenwirkens im positivsten Sinn beim gemeinsamen Musizieren sehen. Wenn Sie einmal erlebt haben wie es ist, in der Musik, die Sie gemeinsam mit anderen machen, eingebettet zu sein, dann wissen Sie, was ich meine. Das Schöne daran: Es funktioniert, egal ob Sie Profi sind, oder Laie. Selbst wenn Sie erst drei Töne spielen können, dann können Sie in den Genuss dieses Erlebnisses kommen.

Das Spannende dabei ist: Es geht um mehr als nur körperliche Beweglichkeit. Es geht auch nicht nur um Musikgenuss oder um intellektuelles Verstehen. Es geht um all das in Kombination. Ich möchte an dieser Stelle einmal einen gewagten Begriff ins Feld werfen. Musik fordert und fördert Sie überall, in Körper, Geist und Seele. Kann man so etwas nicht auch als Wellness im besten Sinne sehen?

Haben Sie den Film „Noten und Neuronen“ schon gesehen? Er befasst sich wieder auf andere Weise mit dem Thema. Vor allem wird hier der Zusammenhang zwischen dem Musizieren und den Vorgängen in unserem Gehirn dargestellt. Sehr sehenswert und durchaus anregend!

Und weiter? Sie als Erwachsener brauchen sich einer Konkurrenz überhaupt nicht stellen. Sie brauchen sich als Mensch, der dies einfach nur für sich tut, keinem übertriebenen Druck aussetzen. Sie müssen nicht davon leben oder irgendwelchen Ansprüchen, die an Profis gestellt werden, Genüge leisten. Sie können einfach anfangen zu musizieren. Sie können sich dem, was Ihnen gut tut, einfach hingeben.

Und was haben Sie nun für Gedanken zu dieser Sache? Was zieht Sie an das Musizieren hin, oder was lässt Sie davor zurückschrecken?

Ich möchte hier mit diesem Artikel gerne mit der unten stehenden Möglichkeit zur Kommentierung eine Diskussion eröffnen. Sind Sie dabei? Es würde mich wirklich sehr freuen zu lesen, wie Sie darüber denken.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Felix Seiffert

18 Kommentare

  1. Hella Pretz

    Noch immer lese ich gerne , und diesmal lautet mein Lesetipp, passend zum Thema hier: Good Vibrations von Stefan Kölsch aus dem Jahr 2019.

    Kölsch interessiert sich hauptsächlich für die Wirkung von Musik beim Hören, und er versucht viele seiner Behauptungen wissenschaftlich zu beweisen. Aber die Wirkung von Musik beim Üben bzw Aufführen bringt er immer wieder zur Sprache.
    Manche der Kommentare hier sind ganz nahe bei Kölsch. Es lohnt sich dennoch, das ganze Buch zu lesen.

    Viel Freude und Erfolg beim gemeinsamen Musizieren!
    Herzlichst
    Hella Pretz

    • Felix Seiffert

      Grüß Dich Hella,

      ich hab es mir gleich bestellt. Ich bin sehr gespannt.

      einen herzlichen Gruß aus der „gute Laune und viel Freude beim Musizieren“ Werkstatt

      Felix

  2. Christa-Maria

    Ich habe das Glück, seit 20 Jahren in einer festen Besetzung Streichquartett (Geige) zu spielen. Und wenn es dann gelingt, ein Stück wirklich gut zu spielen, oder – wie man so schön sagt – „gemeinsam zu atmen“, ist es Glück pur. Allein zu spielen, macht zwar auch Spaß, aber viel schöner ist es, z.B. eine Phrase weiterzugeben oder mit – oft mühsam zu spielenden – Begleitfiguren den anderen einen wohlklingenden „Teppich“ zu bereiten. Wichtig dabei ist, dass man nicht nur spielerisch in etwa das gleiche Niveau hat, sondern auch menschlich harmoniert, und sich freuen kann, wenn einem anderen Spieler eine Stelle besonders gut gelingt.

    • Felix Seiffert

      Da muss ich Dir voll und ganz beipflichten. Gerade das harmonieren im Musizieren ist so wichtig, denn es geht um etwas, was weit über unsere persönlichen Befindlichkeiten untereinander hinaus geht.

      herzliche Grüße

      Felix Seiffert

  3. Lieber Felix Seiffert –

    Seit acht Wochen übe ich mich jetzt mit dem Cello – dank Ihrer Seite sehr glücklich
    Am Wochenende habe ich beim Tonleiter üben (g-dur) bei den Tönen d – e – d gemerkt, dass sie mich an „der Mond ist aufgegangen“ erinnern –
    Habe die Noten für Cello im Netz (d-dur und fängt tatsächlich mit d – e d- an) gefunden und es eignet sich tatsächlich für die erste Lage und lässt sich gut Greifen/Umgreifen – das ist meine Schwierigkeit, dass ich noch nicht so schnell Umgreifen kann –
    Ich habe also am Wochenende „der Mond ist aufgegangen“ gespielt/geübt und bin super zufrieden damit –
    Meine Frage an Sie oder jetzt die Gemeinschaft, welche Stücke können Sie noch empfehlen oder Hefte dazu, damit man nicht so eine lose Blattsammlung hat?
    Das fände ich für diesen Blog auch toll, ob es da sowas wie eine Stücksammlung gäbe oder einen Austausch von Stücken?

    Lieben Gruß,

    nicole

    • Felix Seiffert

      Hallo Nicole,

      Vielen Dank für Deinen Beitrag. Es ist tatsächlich eine gute Idee für den kostenlosen Mitgliederbereich eine Seite aufzustellen mit Noten, die man in der und der Lebenslage gut brauchen kann. Bei Gelegenheit will ich das aufgreifen.

      Wenn Du aber die Frage an die Gemeinschaft richten willst, dann würde ich Dir empfehlen, dies im Forum zu tun. Hier bei einem Blogartikel kommen die Teilnehmer doch eher recht selten vorbei. Ich bin gespannt, was da so alles zum Thema gepostet wird.

      In Deinem ganz speziellen Fall fällt mir spontan das erste Heft der Suzuki Celloschule ein.

      herzliche Grüße

      Felix

  4. Auch wenn ich ganz alleine übe, habe ich dabei das Gefühl von Zusammengehörigkeit, von Ewigkeit. Dies resultiert aus der großen Faszination, dass genau dieses eine Stück Musik schon so lange von so vielen Menschen gespielt wird.

    Für mich ist das Streichinstrument eine sehr sinnliche Sache, da ich die Töne in meinem Körper spüre. Dies ist zum Beispiel beim Klavier nicht der Fall.

    • Hallo Eva,

      Ja gell, und wenn man dann bedenkt, dass so ein Bach Solostück, eventuell seit fast 300 Jahren von den verschiedensden Menschen gespielt wird und einer ständigen Wandlung der Spiel- und Interpretationsweise unterworfen ist. Das hat schon was.

      Und mit dem Streichinstrument ist es wirklich so. Man hat den Ton, vom Anfang bis zuseinem Ende gestaltend in der Hand, und spürt ihn. Ich möchte nur ins Feld werfen, dass das bei Blasinstrumenten schon auch so ist. Manche sagen sogar, dasss man über den Atem noch intensiver mit dem ton verbunden sein soll. Da kann ich laider aber auch nicht mitreden.

      herzliche Grüße

      F.S.

      • Hallo Herr Seiffert,

        bei Blasinstrumenten ist das etwas ganz anderes. Das spezifische Schwingen einer Saite ist mit nichts zu vergleichen. Diese Schwingung zu spüren ist einmalig!

        Die Blockflöte, die ich als Kind spielen sollte, behinderte mich zudem am Mitsummen und -singen. Mit dem Klavier wurde ich auch nicht so richtig warm und als ich das erste Mal ein Cello in die Hand bekam, wusste ich instinktiv: „Das ist es!“. Bei der Violine fehlt es mir an Kopffreiheit. Die Möglichkeit des Mitgehens mit der Musik ist beim Cello genial und das war es dann wohl, abgesehen natürlich vom unvergleichlichen Klang, was mich sofort faszinierte.

        • Hallo Eva,

          das kann ich natürlich nachvollziehen! 😉

          Das Cello – es ist ja auch mein Hauptinstrument – kommt uns Spielern schon sehr entgegen. Man kann sehr viel aus dem Gewicht der Arme heraus machen und daher hab ich das Gefühl, im Grunde mit dem ganzen Körper zu musizieren. Allerdings geht das bei der Geige schon auch, nur muss man sich wirklich gut auf diese Haltung auf dem Arm einstellen, und eben versuchen, den Kopf tatsächlich frei zu bekommen, was natürlich eine Herausforderung, aber durchaus möglich ist.

  5. Ich verstehe ein Werk auf viel tiefere Art, wenn ich selbst Teil davon bin als Musiker (Sänger in meinem Fall). Ich werde Teil davon und das führt mich in völlig andere Sphären, Es ist unbeschreiblich!

  6. Christiane Müller

    Weil es mich in Kontakt mit meiner eigenen Seele bringt. Manchmal hab ich so viel um die Ohren, dass ich auf die Frage, wie es mir geht, selber keine Antwort weiß. Wenn ich eine halbe Stunde Geige geübt habe, weiß ich es. Selber Musik machen ist etwas Therapeutisches. Es bringt mich in Kontakt mit meinen Tieferen Schichten. Und es gibt mir das Gefühl, in etwas Größerem aufgehoben zu sein. Und es ist ehrlich. Beim Musik machen kann man sich nicht verstecken. Spiel mir was vor und ich sag dir, wer du bist und wie Du dich fühlst. Ohne Ehrlichkeit kann man keine Musik machen.

    • Vielen Dank für den Kommentar,

      ich glaub, besser kann man es gar nicht ausdrücken.

      Ich erlebe es genauso: beim Musizieren wird alles still um mich herum, sämtliche Gedanken des Alltags schwinden dahin, und ich kann mich in dieses Größere fallen lassen. Es entsteht ganz einfach, vollkommen erhaben. Es ist nur äußerlich kritisierbar, der Innere Gehalt erschließt sich für den, der sein Herz dafür öffnet. So ist es, wenn es wirklich gelingt.

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