Der Tetrachord – Dein erster Griff bei Geige und Bratsche

Ein Tetrachord ist die erste Gruppierung von Tönen die ein Anfänger auf einem Streichinstrument lernt.

Wie wirst Du wohl ganz am Anfang beginnen, auf der Geige eine Melodie zu spielen?

Abgesehen davon, dass Du lernst zu streichen, wirst Du eine erste Handstellung einnehmen und Deine ersten Töne greifen. In dieser Handstellung haben die Finger ganz bestimmte Abstände zueinander. Und – Du wirst mit der Fingerstellung beginnen, die der Anatomie Deiner Hand am ehesten entspricht.

Die erste Griffart

Du wirst zunächst beginnen, mit den Tönen, die Du in einer erlernten Handstellung auf einer Saite greifen kannst, eine kleine Melodie zu formen. Diese Handstellungen nennt man übrigens in der Fachsprache „Griffarten“. Und speziell unsere Griffart, die wir jetzt am Anfang einnehmen wird die „erste Griffart“ genannt.

Der Tetrachord

Wenn Du mit Geige, Bratsche, Cello oder Bass zu spielen beginnst, dann wirst Du daher zuerst mit dem Spielen von Übungen und kleinen Stücken im Bereich von 4 Tönen anfangen. Man nennt diese Gruppe von 4 Tönen einen Tetrachord.

Bei Geige und Bratsche geht man dabei am einfachsten von den drei Fingern aus, mit denen man am allerersten Anfang des Greifens den Oktavgriff gegriffen hat. Erinnerst Du Dich an den Blogbeitrag?

Geige lernen – oder wie Sie einen gelungenen Start hinbekommen Folge 3

So vorzugehen ist anatomisch sehr sinnvoll, weil sich aus dieser Position des Oktavgriffs, die erste Griffart sehr einfach und ohne größere Spannungen in der Hand formen lässt. Ich möchte Dir heute einmal zeigen, wie das bei der Geige und gleichermaßen auch der Bratsche funktioniert.

Nebenbei möchte ich Dir ans Herz legen, Deine ersten Greifversuche zunächst in der „Gitarrenhaltung“ oder „Ruhehaltung“, ganz wie Du willst, zu probieren. In dieser Stellung ist es für die Hand zunächst leichter, weil sich der Arm hier noch nicht so stark verdrehen muss, wie später in der richtigen Spielhaltung. Außerdem kannst Du in dieser Haltung Deine Finger sehr leicht beim Greifen beobachten. Probiere es aus!

Außerdem möchte ich Dich bitten, den Artikel mit den Markierungen auf dem Griffbrett zu Deiner Orientierung zu lesen. Es wird Dir mit ihnen am Anfang leichter fallen, die ersten Töne wirklich zu treffen.

Hast Du es?

Gut, dann können wir anfangen:

So greifst Du

Zunächst findest Du mit dem 3. Finger den Ton, der die Oktave zur nächst tieferen leeren Saite bildet. Falls Du Dein Griffbrett beklebt hast, wäre dies der zweite Punkt vom Wirbelkasten Deines Instrumentes aus gesehen. Deine drei Finger, die jetzt auf dem Griffbrett liegen, haben zunächst noch ihre ganz natürlichen Abstände, da Du noch keinerlei Einfluss auf sie genommen hast. Da sie nicht freiwillig Spannung untereinander aufbauen wollen, werden Deine Finger relativ dicht beieinander stehen.

Jetzt musst Du nichts weiteres tun, als den 1. Finger etwas zurück zu ziehen, also in Richtung des Sattels, sodass er jetzt auch auf seinem Punkt (dem ersten Punkt, vom Wirbelkasten aus gesehen) zu liegen kommt. Und damit hast Du schon die richtig Fingerstellung erreicht, mit der wir arbeiten.

Der 1. Finger steht jetzt einen Ganzton über der leeren Saite. Wieder mit Ganztonabstand zum 1. folgt der 2. Finger. Und der 3. Finger steht zum 2. im Abstand eines Halbtons.

Ausgehend von einem Grundton, steht der 2. Ton einen Ganzton darüber. Dann folgt wieder im Ganztonabstand der 3. Ton. Und der 4. Ton steht im Abstand eines Halbtons zum 3.

Da diese Tonabstände exakt den Tonabständen der ersten vier Töne einer Dur Tonleiter entsprechen, nennt man diesen Tetrachord auch den „Dur-Tetrachord“

Die Töne, die Du auf diese Weise auf der D-Saite greifst, sehen als Noten im Violinschlüssel so aus:

und für die Bratsche im Altschlüssel folgendermaßen:

 

Da Deine Finger nun in die richtige Form gebracht sind und die Abstände stimmen, kannst Du jetzt eine sehr einfache Melodie zupfen. Und zwar beginnst Du dabei am besten mit allen Fingern, und hebst der Reihe nach einen Finger nach dem anderen ab. So bleibt die Form Deiner Hand und die Stellung der Finger zueinander möglichst lang erhalten.

oder für Bratscher:

Beim folgenden Rückweg, legst Du der Reihe nach die Finger wieder auf das Griffbrett. Achte dabei darauf, dass Du zwar kräftig genug mit dem Finger die Saite nieder hältst. Auf der anderen Seite solltest Du aber nicht zu fest zupacken, um Deine Finger bei der Sache beweglich halten zu können.

Wichtig ist folgende Regel:

Die Finger unterhalb des Spielfingers, liegen mit auf der Saite und helfen dem Spielfinger, die Saite niederzuhalten. Dies ist eine absolut wichtige Regel. Mit ihrer Hilfe lernt Deine Hand in dreifacher Geschwindigkeit die Abstände der Finger genau zu spüren. Außerdem wirst Du ohne diese Regel niemals richtig schnell spielen können.
Besonders klavierspielende Leute haben mit dieser Regel ihre Schwierigkeiten, da es dort komplett anders läuft. Ich sage daher gerne meinen Schülern im Unterricht: Wir spielen nicht mit dem 3. Finger, sondern mit drei Fingern. (eine ganz andere Aussage, gell?)

Noch eine wichtige Sache:

Eine zweite Abweichung gegenüber Klavierspielern: Wir Streicher zählen unsere Finger anders.

Der 1. Finger ist unser Zeigefinger. Der 2. ist unser Mittelfinger. Der 3. Finger ist der Ringfinger
und der 4. ist der kleine Finger.

Achtung: der Daumen wird nicht mitgezählt!

(Beim Klavier wäre der 1. Finger der Daumen und entsprechend die anderen weitergezählt bis zum 5. Finger)

Aber nun zum Hinaufweg:

oder:

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Die Basis, auf der Du aufbaust

Siehst Du, mit dieser einfachen Übung, basierend auf einem Tetrachord, hast Du bereits den Grundstein gelegt, für eine ausgewogene und gute Handhaltung, die Dir in Kürze vielerlei Möglichkeiten eröffnet. Du musst Dir nur einmal überlegen, dass Du diesen gleichen Griff nur auf der A-Saite wiederholen musst, und damit schon die kompletten Töne einer Dur Tonleiter zur Verfügung hast. Und damit lässt sich so einiges spielen.

Jede Menge Volkslieder, aber auch viele alte barocke Tänze kommen mit diesem Tonumfang aus. Lehrbücher für Geige und Bratsche sind voll davon, das wirst Du sehr schnell merken.

Alles Gute bis zum nächsten Mal

F. Seiffert

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