Antwort auf: Lampenfieber

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#6864
Katrin
Teilnehmer

Hallo,

ich kann zu diesem Thema auch etwas beisteuern. :=))
Das war im letzten Sommer, ich spielte noch nicht Geige, aber seit 1,5 Jahren Harfe, und seit ein paar Monaten Tenorblockflöte. Ich nahm für beide Instrumente Unterricht bei derselben Lehrerin. Und habe mit keiner Silbe daran gedacht, mal irgendwo irgendwas vorzuspielen. Ich hatte weder das Verlangen danach, noch den nötigen Ehrgeiz, wollte einfach für mich Musik machen.

Bis eine Einladung von meiner Lehrerin kam – zum Vorspiel! Es sollte ein kleines privates Konzert im Garten werden, so mit 20-25 Gästen, und jeder sollte etwas beisteuern. Ich sagte spontan zu: Ich bin dabei, aber ohne Vorspielen! Natürlich folgten mehrere Mutmach- und Überredungsversuche sowohl von meiner Lehrerin, als auch den anderen Harfenspielern. Aber ich bekam panische Angst schon bei dem Gedanken an ein Vorspielen.
Ich muss dazu sagen, dass ich im letzten Jahr privat und gesundheitlich eine schwere Zeit hatte. Sicher hat das meine Ängste verstärkt. In dieser Zeit wurde dieses Thema auch gerade im Harfenformum intensiv diskutiert, es outeten sich einige, die große Angst vorm Vorspielen hatten. Wir redeten sehr offen darüber. Ich war total aufgeregt und aufgewühlt und zerrissen. Einerseits wollte ich mutig sein, dazu gehören, mit den anderen spielen und einen schönen Abend haben. Andererseits konnte ich mich nicht überwinden, zuzusagen. Erst als ich mir Tage später selbst offiziell die Erlaubnis gab, nicht am Vorspiel teilzunehmen, wenn es mir im Moment nicht möglich ist, kam ich wieder zur Ruhe. Meine Lehrerin und die anderen waren so lieb und verständnisvoll und baten mich, trotzdem zu kommen, auch ohne Vorspielen, aber auch das wollte ich nicht. Ich wäre mir wie eine Versagerin vorgekommen, der ihr Unvermögen direkt vor Augen geführt wird!

Es kam dann ganz anders. Am Morgen des Konzertabends hatte ich noch Unterricht bei meiner Lehrerin. Sie war an dem Morgen ziemlich traurig, weil eine andere Schülerin gerade ihre Teilnahme am Vorspiel kurzfristig abgesagt hatte, und das auch noch irgendwie auf kränkende Art und Weise, sie wurde jedoch für ein Stück für 3 Harfen dringend benötigt. Da hat sich plötzlich bei mir der Schalter umgelegt, als ich sah, wie traurig und enttäuscht unsere Lehrerin war, die so viel für uns tat und die wir alle liebten! Ich konnte das Stück auch spielen und sagte spontan zu, am Abend doch zu kommen und einzuspringen. Und da ich einen Anflug von Mut hatte, versprach ich, auch meine Flöte mitzubringen und ein Stück zu spielen, bei dem sie mich auf der Harfe begleiten konnte.

Es wurde ein wunderschöner Abend. Mich hat es beim Harfentrio ein paarmal rausgehauen, aber ich habe immer wieder reingefunden. Auch bei dem Stück auf der Tenorblockflöte habe ich die eine schwere Stelle etwas verpatzt, es kam statt eines Tones ein Fiepen. Aber es stellte sich heraus, dass niemand, außer meiner Lehrerin es bemerkt hatte! Nicht mein bester Musikerfreund und auch nicht der Mann meiner Lehrerin, der Musiklehrer ist. Es habe alles wunderschön und harmonisch geklungen. Die Leute waren total lieb und dankbar! Das war der eine Punkt, der mir zukünftig sicher Mut machen wird: Oft werden Patzer vom Publikum gar nicht bemerkt.

Was mir auch total geholfen hat: Eine andere Harfenspielerin, eine Frau in meinem Alter war vor mir dran, und bevor sie begann, beichtete sie in einer kleinen Ansprache, dass das ihr ersten Vorspiel sei und dass ihr Herz gerade entsprechend klopfe. Und wenn mal ein Ton daneben ginge, solle niemand so genau hinhören. Sie hat sich dann auch mal kurz verspielt, bekam aber ganz tollen Applaus. Fand ich schön, und ich hab ihr das nachgemacht vor meinem Stück. Hab mein Stück vorgestellt und ganz offen gesagt: Das ist mein erster Auftritt, und ich bin jetzt aufgeregt. Sofort ist ein Teil der Aufregung weg! Am Ende haben wir uns alle umarmt und immer wieder Komplmente von den Leuten bekommen. Es war ein wunderschöner inniger Abend, den ich nicht missen möchte.

Nun bin ich gespannt, wie das mit der Geige mal laufen wird. Aber das dauert noch…

Liebe Grüße an alle Ängstlichen und Mutigen!!