Schnelles Greifen Teil 3 – Kopfarbeit, unentbehrlich wenn es laufen soll

In den letzten beiden Blogbeiträgen haben wir uns darüber unterhalten, wie wichtig es ist, die linke Hand beim Greifen so zu benutzen, dass sie größtmögliche Beweglichkeit besitzt.

Wie kann es nun sein, dass man bewegliche Finger hat, das Instrument in die Hand nimmt, und ständig passieren beim Spielen kleine Patzer, falsche Töne oder ein unterbrochener Fluss des Rhythmus?

Sie kennen das sicherlich. Wir wollen der Sache einmal auf den Grund gehen.

Nun, was in einem solchen Fall, wie oben beschrieben, passiert, kann man vielleicht ganz gut mit der Problematik das Fahrradfahrens vergleichen.

Stellen Sie sich einmal vor, Sie haben als Kind gelernt, auf dem Fahrrad im Gleichgewicht sitzen zu bleiben, während Sie fahren. Sie haben gelernt, zu steuern, zu treten, damit Sie in Schwung bleiben. Schön und gut.
Dies alles nutzt Ihnen allerdings nur bedingt etwas, wenn Sie nicht lernen, das Ziel Ihrer Fahrt ins Visier zu nehmen, dabei so manche Verkehrsregeln zu beachten und letztlich sich und das Fahrrad in die gewünschte Richtung zu bringen.

Analog dazu ist die Beweglichkeit der Hand und der Finger beim Musizieren nur dann als Fähigkeit wirklich zu gebrauchen, wenn Sie sie auf die richtige Art steuern. Und dieses Steuern geschieht mit dem Kopf, oder noch besser: mit Ihrer Vorstellung in Bezug auf die Sache, die Sie gerade betreiben..

Sie haben sicherlich beim Üben gemerkt, dass es nicht schwer ist, eine Passage, sei sie auch noch so schwierig, langsam Ton für Ton durchzuspielen. Ton für Ton funktioniert es ganz gut, die Finger an den entsprechenden Platz auf dem Griffbrett zu steuern. Sie können sie heben, auf der richtigen Saite aufklopfen und all das zu tun, was nötig ist, um den Ablauf der Töne zu gewährleisten.

Oft hängt die Sache dann trotzdem, wenn es schneller gehen soll.

Und dieses hängt damit zusammen, dass Sie es schaffen müssen, von der Vorstellung der vielen einzelnen Bewegungsabläufe und der einzelnen Noten, die wir dadurch spielen, zu verabschieden.

Gehen Sie vom „Buchstabieren“ zum flüssigen Spielen ihres Stückes über.

Gewöhnen Sie sich bitte daran, dass Sie voller Vertrauen (dass Sie es schließlich geübt haben), den Bewegungsablauf für die einzelnen Töne als „gekonnte Voraussetzung“ annehmen. So haben Sie den Kopf frei um den Blick zu weiten.

Es läuft ähnlich wie beim Lesen oder besser noch beim Vorlesen. Sehen Sie sich dazu einmal das Video an.

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Also noch einmal konkret:

Kommen Sie dahin, dass Sie Ihren Blick erweitern.

  • Natürlich ist es zunächst wichtig, sich den genauen Ablauf einer Tonfolge klar zu machen. Wenn der Ablauf der kleinen Schritte nicht wirklich im Bewusstsein ist, muss es in der Geschwindigkeit zu Turbulenzen führen.
  • Als nächster Punkt ist es aber dennoch wichtig, den Blick vom Kleinen auf das Größere zu wenden und die ganze Figur eines Laufes zu überblicken. Hierzu sehen Sie sich den Verlauf einer Figur an. Mit welchem Ton startet die Sache? Wie ist die Linie des Verlaufs? Geht es vielleicht in Sprüngen voran? Oder in Tonleiterabschnitten? Machen Sie sich auf jeden Fall ein klares Bild von der Sache.
  • Und dann üben Sie das abwechselnde Lesen und Spielen. Beziehen Sie beim Üben immer den ersten Ton des nächsten Abschnittes mit ein, damit Sie im Ablauf nicht lauter zusammenhanglose Einzelbausteine in Ihre Vorstellung bringen. Es ist wichtig, dass Sie Ihr Kurzzeitgedächtnis hierbei trainieren. Gehirnforscher schreiben immer wieder davon, wie sich das Gehirn diesbezüglich wie ein Muskel verhält, den man durch Training aufbaut. Und ich kann Ihnen dies durchaus aus eigener Erfahrung bestätigen.
  • Wenn es einmal nicht klappt, mit dem Erfassen eines Abschnittes, dann sehen Sie einfach noch einmal genau auf Ihre Tonpassage und korrigieren Sie Ihr eigenes Bild von der Sache.
  • Wenn Sie auf diese Weise durch Ihr Stück gekommen sind, probieren Sie es einmal mit größeren Abschnitten. sie werden über kurz oder lang merken, wie es Ihnen immer leichter fällt, die einzelnen Passagen zu überblicken und aus dem Gedächtnis abzuspielen. Ihr Erfahrungshorizont hilft Ihnen nun immer mehr. Sie können sich auf Ihre eigenen Aktionen bezüglich der Verwirklichung der einzelnen Töne immer mehr verlassen.
  • Und im letzten Schritt spielen Sie Ihre Passage durch. Lesen Sie dabei vorweg! Seien Sie mit dem Lesen immer ein Stück weiter als mit dem Spielen der Töne. Sie werden merken, es funktioniert wie beim Vorlesen. Aber auch dieses will trainiert sein.

Und damit wünsche ich Ihnen wieder einmal viel Erfolg und viel Freude beim Musizieren auf Ihrem Instrument.

Alles Gute bis zum nächsten Beitrag, wenn es um die Koordinierung der Bewegung links und rechts geht, einem weiteren Punkt, der wirklich schnelles Spielen möglich macht.

Felix Seiffert

2 Kommentare

  1. Martin

    Wie immer toll erklärt und ermunter sofort die Geige in die Hand zu nehmen. Was noch klasse wäre, wenn man die Beispielnoten hier gleich als PDF runterladen und ausdrucken könnte.

    Danke für die vielen motivierenden Beiträge und Videos,

    Martin

    • Hallo Martin,

      danke für Deine Anregung. Ja, das habe ich mir auch überlegt. Andererseits ist der Blog halt das Angebot, in dem Dinge einfach gezeigt werden. Aktiv Übungsaufgaben zu geben ist für mich eher eine Sache, die in den Mitgliederbereich gehört. (Übrigens, bald gibt es den kostenlosen Mitgliederbereich bei BogenBalance, woe du eine Fülle an Basics zum Thema finden kannst)

      herzliche Grüße

      Felix

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