Die Greifweise bei Cello und Kontrabass
Inhalt
Wie funktioniert mit dieser Greifweise der erste Tetrachord bei diesen Instrumenten? In früheren Beiträgen war viel die Rede von den ganz anderen Bedingungen, die auf einem großen Instrument, wie dem Cello oder dem Kontrabass herrschen.
Hat dies auch Auswirkungen auf die Greifweise?
Sehen wir uns die doch einmal anhand des ersten Tetrachords an. Dann wirst Du sehr schnell bemerken, was für Auswirkungen es auf das Greifen hat, wenn man so ein großes Instrument in den Händen hält.
Beide Instrumente, Cello und Kontrabass, müssen, weil sie so groß sind, komplett anders gegriffen werden als eine Geige oder Bratsche.
Nehmen wir einmal einen kleinen Vergleich der Greifweise vor.
Der Vergleich
Erinnerst Du Dich? Alle vier Streichinstrumente haben eine D-Saite.
Eine ideale Grundlage!
Nun können wir sehen, wie wir auf Geige, Bratsche, Cello und Kontrabass jeweils die gleichen Töne (ok, in verschiedenen Oktavlagen, aber das tut nichts zur Sache) abgreifen können.
Auf der Geige und der Bratsche kann man auf der D-Saite im ersten Tetrachord die Töne d’ e’, fis’ und g’ greifen. Also werden wir auch beim Cello versuchen, auf der D-Saite das Gleiche zu tun.
Ist diese Greifweise auf dem Cello möglich?
Nun, das Cello hat schon einen sehr viel längeren Hals, und ist insgesamt größer. Die „schwingende Saitenlänge“ also der Abstand von der oberen Begrenzung, dem Obersattel, zum Steg, beträgt hier etwa 69 cm, während es bei einer Geige ungefähr 33 cm und bei einer großen Bratsche ca. 43 cm sind.
Und wenn man jetzt bedenkt, dass eine größere Länge der ganzen Saite auch größere Tonabstände mit sich bringt, dann hat man schon andere Bedingungen für das Greifen.
Im Bereich der ersten Lage beträgt ein Ganztonabstand etwa ein 10tel der gesamten Saitenlänge. Greifst Du also auf der Geige zwei Töne im Ganztonabstand, hast Du etwa 3,3 cm Abstand zwischen den Fingern. Bei der Bratsche sind es 4,3 cm, während es beim Cello tatsächlich 6,9 cm sind.
Das wird Deine Hand auf dem Cello nicht mehr genauso abgreifen können, wie auf der Geige oder Bratsche.
Auf Geige und Bratsche läuft es so:
Erinnern wir uns noch einmal an das Prinzip der Greifweise auf der Geige. Hier konnte man für jeden neuen Ton in der Tonleiter einen neuen Finger verwenden, und zwar egal, ob man es jetzt mit einem Halbton- oder einem Ganztonabstand zwischen zwei Tönen zu tun hatte. auf der D-Saite lag der 1. Finger auf e‘, der 2. auf fis‘ und der 3. Finger auf g’.
Der Geiger oder Bratscher ist so also in der Lage, jeden Ton einer Tonleiter mit jeweils dem nächsten Finger zu spielen, egal ob die Töne nun im Ganz- oder im Halbtonabstand stehen.
Beim Cello sieht die Sache anders aus. Hier ist es aufgrund der Abstände der Töne auf dem Griffbrett nicht mehr möglich, jeden neuen Ton mit einem neuen Finger zu spielen.
Man schafft hier nur eine Greifweise, bei der die Abstände zwischen den Fingern Halbtöne betragen. (6,9 cm zwischen den fingern zu haben ist schlicht eine so große Spannung, dass ein bewegliches Spielen nicht mehr möglich ist)
Auf dem Cello
Kommen wir nach unserem kleinen Exkurs wieder zurück zu unseren Tönen d, e, fis und g.
Der 1. Finger steht beim Cello genauso wie bei der Geige auf dem Ton e. Willst Du als nächstes ein fis spielen, musst Du jetzt dafür den 3. Finger einsetzen. Du erinnerst Dich ja. Wir stellen die Finger auf Halbtonabstand. Der zweite Finger stände damit auf dem f und ist jetzt für unsere Tonfolge nicht zu gebrauchen. Der Ton g wird am Ende mit dem 4. Finger gegriffen.
Und damit hast Du nun die gleichen vier Töne gegriffen, wie auf der Bratsche.
Auf Geige und Bratsche ist aber noch ein Weiteres möglich. Da auf der Geige der 3. Finger auf dem g’ steht, bleibt noch ein Finger für einen weiteren Ton übrig. Und so kann man auf der Geige und Bratsche noch das a’ greifen. Diesen Ton kann man nun in der ersten Lage auf zwei verschiedene Arten spielen. Erstens kann man ihn mit der leeren A-Saite spielen; man kann ihn aber auch mit dem 4. Finger greifen und hat so verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten für den Ton.
Auf dem Cello ist das anders: hier sind bereits für den Ton g alle Finger in Gebrauch und das a kann nur mit der leeren A-Saite gespielt werden.
Immerhin ist man aber, genauso wie bei Geige und Bratsche in der Lage, eine komplette Tonleiter in einer Handstellung zu spielen.
Hier einmal ein Notenbeispiel, das den Unterschied zur Greifweise bei der Geige aufzeigen soll. Um die Sache mit dem 4. Finger klar zu machen, ist diesmal der 5. Ton mit dabei.
Geige:
hier kann der letzte Ton nur mit der leeren A-Saite gespielt werden.
Nebenbei: wollte man hier den Ton f spielen wie bei der Geige, müsste jetzt der 2. Finger zum Einsatz kommen. Es gilt also hier das Prinzip, dass jeder Halbton einen neuen Finger bekommt. Das ist der Gegensatz zur Greifweise bei der Geige.
Greifweise auf dem Kontrabass
Wenden wir uns der Greifweise des Kontrabasses zu. Beim Bass mit seinen wiederum längeren Saiten muss man zu einer weiteren Maßnahme greifen, um die Töne überhaupt greifen zu können. Ein normaler Spieler schafft es nicht, auf dem Kontrabass mehr als einen Ganzton in einer Hand abzugreifen. Damit es aber trotzdem möglich ist ohne größere Lagenwechsel eine Tonleiter zu spielen, ist der Kontrabass in Quarten gestimmt. Und das ist auch gut so, denn andernfalls wäre die Sache überhaupt nicht zu schaffen. Immerhin liegt die schwingende Saitenlänge hier bei 105 cm. Der Abstand eines Ganztones in der ersten Lage liegt demnach bei rund 10,5 cm.
Die Abstände der einzelnen Halbtöne sogar sind jetzt so weit, dass man nicht einmal mehr die die Folge der Halbtöne mit jedem folgenden Finger spielen kann. Hier behilft man sich damit, das man in der Hand einen Ton mit dem 1. Finger greift, den nächsten Halbton mit dem 2., und danach gleich den 4. Finger benützt, um den weiteren Halbton zu spielen. Der 3. Finger ist somit zumindest in den unteren Lagen ohne Funktion. Er hilft aber dem eher schwachen 4. Finger mit seiner Kraft, die Saite nieder zu halten.
Du siehst hier, wie bereits der Ton g mit der nächsthöheren Saite gespielt wird. Du kannst mit Deiner Hand immerhin nur die Töne e und fis spielen. Damit hast Du alle vier Finger in Gebrauch. Der vierte Ton g ist bereits die nächste leere Saite.
herzliche Grüße
Felix Seiffert
Hier klingen Leersaiten und gedrückte Saiten sehr stimmig. Bei mir klingen die Leersaiten beim Zupfen viel intensiver. Das klingt sehr unausgewogen. Zupft man Leersaiten im Gegensatz zu gedrückten Saiten beim wechselseitigen Spiel dann weniger intensiv?
Liebe Claudia,
Mit den klingenden gegriffenen Tönen ist das so: Beim Kontrabass muss man mit den Fingern schon einiges an Kraft aufwänden, um sie wirklich so abzugreifen, dass die Saiten beim Anzupfen auch tatsächlich klingen.
Es liegt also an der Fingerkraft, die man beim Kontrabass trainieren muss. Das kommt mit der Zeit. Und wenn man dann di gegriffenen Töne gut klingen lassen kann, dann geht man beim Zupfen ein wenig darauf ein, und zupft die leeren Saiten tatsächlich etwas dezenter. so kommt es dann zum ausgewogenen Klang.
viel Freude beim Ausprobieren und gutes Gelingen
Felix
Lieber Herr Seiffert –
ich bin jetzt 49 Jahre alt und habe mir immer gewünscht, Cello spielen zu lernen/können – mein Mann hat mir jetzt zu Weihnachten ein Cello gemietet und ich bin überglücklich – ich kann zwar keine einzige Note lesen, aber ich bin voller Zuversicht – zumal wir jetzt Ihre Seite/Einführung gefunden haben
Ich würde sehr gerne Ihre Newsletter beziehen –
ich habe jetzt drei Tage schon intensiv auf Ihrer Seite gelesen und vieles gelernt – vielen Dank dafür schon mal.
Herzliche Grüße,
nicole rozmawitti
Hallo Nicole,
Schön, dass Ihnen der Blog gefällt. Sie können sich jederzeit gerne anmelden. Dazu erscheinen immer wieder die Eingabemasken für über den Blogartikeln.
herzliche Grüße
Felix Seiffert
Lieber Herr Seiffert,
vielen Dank für all die nützlichen Hinweise und Tipps! Zwei Fragen habe ich zum Greifen, hoffentlich sind sie nicht eh schon irgendwo beantwortet und ich hab’s nur nicht gefunden …
Zum einen habe ich das Problem, dass der Daumen der linken Hand mir allzu leicht nach oben rutscht und dann gestreckt bzw. zu verkrampft und mit zu viel Druck aufliegt, was das exakte Greifen sehr erschwert. Zum anderen fällt es mir (vermutlich, weil ich, seit ich neun Jahre alt bin, Klavier spiele?) ungemein schwer, die Finger auf den Saiten liegen zu lassen. Ich hebe sie einfach unbewusst sofort wieder ab 🙁 … Gibt es da Abhilfe (bzw. Hoffnung 😉 )?
Herzlichen Dank und viele Grüße
Liebe Frau Seefelder,
Sie kennen doch vom Klavier das Grundgefühl, mit den Fingern auf der Taste zu stehen. Dort greifen Sie doch auch nicht von “unten” mit dem Daumen dagegen. Spüren Sie dort mal in Ihre Finger hinein. Nur wenig anders ist das Greifen auf dem Cello. (spielen Sie Cello?) Die Finger und das Armgewicht lässt sich vom Griffbrett und der Saite tragen.
Die andere Sache mit dem Liegenlassen erfordert am Anfang einfach sehr viel Disziplin. Bitte schauen Sie sich diesen Blogartikel einmal an: Was machen Ihre Finger? Befolgen Sie gerne Regeln, die Sie nicht einsehen?
Versuchen sie an sehr einfachen Stücken diese Regel zu verinnerlichen. Nehmen Sie etwas, was zunächst mit 4 Tönen auskommt und nur auf einer Saite stattfindet.
herzliche Grüße
Felix Seiffert
Vielen Dank für die schnelle Antwort! Ich werde versuchen, das Fingergefühl beim Greifen auf das Cello zu übertragen.
Viele Grüße
Birgit
Eine hervorragende Idee, die Vorstellung des Anschlagens einer Klaviertaste auf das Greifen beim Cello zu übertragen, vielen Dank dafür! Beim Begriff “greifen” stellt sich bei mir einfach intuitiv die Empfindung des Gegenspiels zwischen Daumen und Hand ein, habe ich hingegen die Klaviertasten vor dem geistigen Auge und rufe mir den Anschlag als Fingergefühl ins Tastgedächtnis, funktioniert die Sache schon besser. Allerdings bleibt der verflixte Daumen noch immer nicht brav auf seiner jeweils richtigen Position … Aber das werde ich gemäß ihren ausgezeichnet erklärten Ratschlägen ebenso mit viel Ausdauer trainieren, wie die Übungen fürs Liegenlassen der Finger – herzlichen Dank auch für den Verweis auf den entsprechenden Artikel und viele Grüße.
Hallo Birgit,
setzt mal alle vier Finger auf und klopfe unten mit dem Daumen gegen den Hals. Ganz leicht. du wirst sehen, der Daumen findet eine Stellung an der er im Verhältnis zu den Fingern gut stehen kann. Normalerweise ist das unter dem 2. Finger oder zwischen 2. und 3. Finger. aus dieser Stellung solltest du unabhängig die Finger heben können und auch gut wieder die Töne mit den Fingern treffen.
Lieber Felix,
die Ratschläge waren wirklich äußerst nützlich :)! Trotz verhältnismäßig kurzer Übungszeit ist meinem Lehrer schon in der gestrigen Stunde eine merkliche Verbesserung aufgefallen, was natürlich ausgesprochen motivierend ist. Vielen lieben Dank also für Ihre Seite, die enorm hilfreich ist, da alles so ausführlich, exakt und plastisch erklärt wird, dass die Umsetzung nicht schwer fällt. Die Dinge sprachlich so darstellen zu können, ist eine echte Gabe!
Viele Grüße und alles Gute
Birgit
Liebe Birgit,
das freut mich sehr! Ja, die verschiedenen Komponenten beispielsweise die Haltung kann man auf ganz einfache Aussagen herunter brechen. Und das ist immer mein Anliegen. Viele Dinge sind beim Streichinstrument leicht zu lernen, wenn man genau aufpasst. Es geht nur darum, die Komponenten so zu üben, dass sie selbstverständlich genug sind, um darauf Weiteres aufzubauen.
Mehr dazu erfährst Du übrigens im kostenlosen Bereich der Streicherschule, zu der man sich registrieren kann.
herzliche Grüße
Felix